Einleitung: Was hat Hören mit unserem Glauben zu tun?
Das Hören ist auch im Hinblick auf unseren Glauben von Bedeutung, denn auch Gott hat eine Stimme.
Deshalb wollen wir uns einmal auf die Suche danach machen, wo wir Gott und seine Stimme hören können. Das ist eine Frage, die gar nicht so leicht zu beantworten ist.
Nicht selten ist es nämlich so, dass man auch erst verstehen muss, dass es sich bei dem, was man gerade hört, um Gottes Stimme handelt.
Lesung: Samuel muss erst verstehen, dass er Gott hört
Hören wir uns dazu eine Geschichte aus dem 1. Buch Samuel 3,1-10 (Übersetzung Basisbibel) an. Dort heißt es:
1 Der junge Samuel tat Dienst für den Herrn unter der Aufsicht des Priesters Eli. Zu dieser Zeit kam es nur noch selten vor, dass der Herr ein Wort mitteilte. Weit und breit gab es auch keine Vision mehr. 2 Eines Tages geschah Folgendes: Eli war bereits zu Bett gegangen. Seine Augen waren im Alter schwach geworden, sodass er kaum noch etwas sehen konnte.3Samuel aber legte sich im Tempel des Herrn hin, wo die Lade Gottes stand. Die Lampe Gottes brannte noch. 4 Da rief der Herr den Samuel. Der antwortete: »Hier bin ich!« 5 Schnell lief er zu Eli hinüber und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich gerufen.« Eli erwiderte: »Nein, ich habe dich nicht gerufen. Zurück ins Bett!« Da ging er zurück und legte sich schlafen. 6 Doch der Herr rief noch einmal: »Samuel!« Wieder stand Samuel auf, lief zu Eli und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich gerufen.« Er antwortete: »Nein, ich habe dich nicht gerufen. Zurück ins Bett, mein Sohn!« 7 Samuel aber erkannte nicht, dass der Herr ihn gerufen hatte. Denn er hatte noch nie ein Wort des Herrn erhalten. 8 Der Herr rief den Samuel ein drittes Mal. Wieder stand er auf, ging zu Eli und sagte: »Ja, hier bin ich, du hast mich doch gerufen.« Da merkte Eli, dass der Herr den Jungen rief. 9 Eli sagte zu Samuel: »Leg dich wieder hin! Und wenn er dich nochmals ruft, dann antworte: Rede, Herr, dein Knecht hört!« Samuel legte sich wieder hin an seinen Platz. 10 Da kam der Herr und trat zu ihm hin. Er rief wie die anderen Male: »Samuel, Samuel!« Und Samuel antwortete: »Rede, dein Knecht hört!«
Überlegungen: Wo können wir Gott hören?
Samuel musste erst verstehen, dass Gott ihn rief, musste verstehen, dass er Gott, dessen Stimme und in der Folge dessen Auftrag hörte.
Wir haben uns überlegt, wo wir eigentlich die Möglichkeit haben, Gott zu hören und wollen Sie nun mithineinnehmen in unsere Überlegungen:
In Bibeltexten
Ich habe hier eine Bibel. Sie steht dafür, dass zum Hören im Glauben das Hören von und das Hören auf Biblische Texte gehört. In unserer evangelisch-lutherischen Kirche wird dieser Aspekt sehr stark betont. Denn schon Martin Luther gewann die zentrale Erkenntnis seines Glaubenslebens dadurch, dass er hinhörte. Als er völlig verzweifelt war, sagte ihm die Stimme Gottes, die ihm in der Bibel begegnete, Folgendes: „Du musst dir den Himmel nicht verdienen, er steht dir offen.“ Dieses Erlebnis war der Grund dafür, dass es Luther so wichtig war, dass die Menschen die biblischen Geschichten in ihrer eigenen Sprache hören können. Dazu übersetzte er die Bibel. Alle sollten die Erzählungen von Menschen hören können, die Erfahrungen gemacht hatten in Begegnungen mit Gott und Jesus Christus. Sie sollten hören z.B. von Abraham und Sarah, vom barmherzigen Samariter oder vom verlorenen Sohn. Denn im Hören dieser biblischen Geschichten kann die Nähe, Zuwendung und Vergebung Gottes erlebbar werden.
In anderen biblischen Texten erhalten die Menschen Weisungen und können sich hineinfallen lassen in Worte des Gebetes, des Trostes, der Klage oder des Dankes. Auch hier sind Glaubenserfahrungen zu hören. Das Hören auf das Wort Gottes war für Martin Luther das Fundament des Glaubens und es ist es auch für uns heutige Menschen noch.
So mag ein jeder einmal für sich selbst überlegen: Was ist in mir schon einmal beim Hören eines bestimmten Bibeltextes ausgelöst worden?
Wir wollen Ihnen die Gelegenheit geben, einmal auf den Text zu hören, der Martin Luther zu seiner reformatorischen Entdeckung geführt hat. Spüren Sie dem nach, was sie jetzt gleich hören. Wenn Sie mögen, schließen Sie dazu die Augen. Paulus schreibt:
16 Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die glauben, die Juden zuerst und ebenso die Griechen. 17 Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht (Hab 2,4): „Der Gerechte wird aus Glauben leben.“
Im Gebet
Ich habe hier eine Kerze. Sie steht dafür, dass das Hören im Gebet zum Glauben gehört.
Vielleicht überlegen Sie jetzt gerade, ob es im Gebet nicht eher um das Reden mit Gott geht. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, im Gebet geht es zu einem großen Teil auch um das Hören auf Gott.
So wird uns auch von Jesus erzählt, dass er sich zum Gebet immer wieder in die Stille zurückgezogen hat, um ganz Ohr für Gott zu sein. So wird von Maria, der Mutter Jesu, berichtet, dass sie über Botschaften, die sie nicht sofort verstand, erst einmal still nachdachte. Sie „bewegte sie in ihrem Herzen“, heißt es dann.
In der Stille kann man seine Ohren gut auf Empfang stellen. Man kann beten um Erkenntnis oder die Fähigkeit, die richtige Entscheidung treffen zu können, um Kraft und Ausdauer, um einen behüteten Weg und vieles mehr. Wenn man im Gebet zur Ruhe gekommen ist, kann man auch die eigenen Gedanken, die gedachten oder gesprochenen Worte besser wahrnehmen. Und dann kann man Gott sein hörendes Herz hinhalten. Dabei rechnet man damit, dass Gott einem begegnen will, dass er einem während des Gebetes etwas sagen will. Dazu gehört auch, sich bewusst zu machen, dass Gott den Beter nicht nur bestätigen oder in dessen Ungewissheit verharren lassen will, sondern ihn weiterführen wird. Dieses Vertrauen ist eine entscheidende Voraussetzung für heilsames Zuhören.
Wir möchten das jetzt einmal mit Ihnen ausprobieren. So lassen sie uns gemeinsam still werden und beten:
Gott, wir sind hier und wollen ganz Ohr sein. Wir bringen in der Stille vor dich, was einen jeden persönlich bewegt. Und wir wollen hören auf deine Stimme.
Stille
Wir danken dir, guter Gott, dass wir von dir gehört werden und du dich hören lässt.
Amen