Heiligabend auf dem Härkehof

Nachricht 24. Dezember 2021

Gottesdienst mit Krippenspiel in besonderer Kulisse

Liebe Gemeinde,

Ende gut - alles gut. Am Schluss der Geschichte, die uns gerade von den Krippenspielern erzählt wurde, haben sich anscheinend alle Sorgen aufgelöst. „Vielleicht ist hier ja Bethlehem“, so haben wir gerade als Schlusssatz gehört.

Der Stall von Bethlehem ist die Bühne für das große Finale der Weihnachtsgeschichte. Hier finden Maria und Josef eine Herberge, hier erkennen die Hirten im Jesuskind den Retter, den ihnen die Engel verheißen haben, hierhin führt der Stern die Weisen aus dem Morgenland. Das ist Bethlehem! So kennen wir es an Weihnachten. Es ist nichts Neues, wir haben es schon viele Male gehört. Und doch ist es gut, sich immer wieder daran zu erinnern: Daran, was wir jedes Jahr an den Weihnachtstagen feiern: Jesus ist in Bethlehem in einem Stall geboren worden. In ihm ist Gott uns Menschen zum Retter geworden. „Denn euch ist heute der Heiland geboren.“

Unser Heiland – was für eine Freudenbotschaft! Allerdings kann man sich schon fragen: Der Retter, er kommt als kleines Kind? Manch einer mag sich sein Kommen anders vorgestellt haben: Er müsste doch mächtig und gewaltig daherkommen! Er müsste stärker sein als alle anderen, über übermenschliche Fähigkeiten verfügen, müsste durchgreifen, dort, wo Unrecht und Gewalt herrschen, müsste alle Misslichkeiten und Beeinträchtigungen beseitigen, müsste uns durch solches Handeln ein gutes, unbeschwertes Leben ermöglichen.

Stattdessen kommt Gott mitten hinein in unsere Welt und in unsere Lebensumstände. Ganz anders, als viele es erwartet hatten: Als Kind im Stall, nicht als allmächtiger Herrscher in einem prunkvollen Palast. Mittellos ist er, Kind kleiner Leute. Der ewige Gott, der über den Menschen thront und sich mit Himmlischen Heerscharen umgibt, er ist auf einmal einer von uns. Aber er kommt eben ganz und gar gewöhnlich zu uns, stellt sich an unsere Seite und erlebt mit uns, was uns beschäftigt, was uns freut und ängstigt. Gott wird somit zum rettenden Begleiter der Menschen in allen Lebenslagen. Das gilt auch für uns und gilt auch für unsere momentane Lage.

Und deshalb ist es wichtig, dass ihm nicht auf die Weise gegenübergetreten wird, die im Krippenspiel so anschaulich dargestellt wurde: „Kein Platz! Kein Platz!“ oder „Keine Zeit! Keine Zeit!“ – Sollte das bedeuten: Es ist kein Platz oder keine Zeit dafür, dass Gott Mensch wird, es interessiert kaum jemanden, dass er zu uns Menschen kommen will?

Es gibt also einen wichtigen Grund dafür, dass wir die Weihnachtsgeschichte immer wieder neu erzählen, spielen, hören: Um uns daran zu erinnern, unter uns und in unseren Herzen Raum zu schaffen. Raum zu schaffen für unseren Retter! Dann kann sich besonderes ereignen.

Denn am Weihnachtsfest wird das, was in der Weihnachtsgeschichte exemplarisch dargestellt wird, auch unter uns möglich. Heute kommen zum Festessen, zum gemeinsamen Feiern überall Menschen zusammen. Wie gut, wenn es gelingt, sich trotz aller Einschränkungen gemeinsam am Weihnachtsfest zu freuen. Dabei wird etwas von dem spürbar, was Gott uns in seinem Sohn Jesus Christus geschenkt hat: Dass Frieden werde unter uns. Dass Liebe und Verstehen zu ihrem Recht kommen. Dass Gerechtigkeit herrschen kann. Diese Hoffnungen machen die besondere Stimmung an Weihnachten aus.

Es ist mehr als wünschenswert, etwas von dem, was uns an Weihnachten wichtig ist und was uns an den Festtagen oftmals gelingt, mitzunehmen in den Rest des Jahres. Das, was Gott uns heute schenkt, bezieht sich doch auch auf alle anderen Tage des Jahres. Was für eine frohe Botschaft! Ja, diese Botschaft sollen wir wachhalten, auch jenseits von Advent und Weihnachten, Tannenbaum und Festtagsbraten.

Und damit noch nicht genug: Gott traut uns zu, nicht nur an Weihnachten auf seine Botschaft zu hören und nach ihr zu handeln. Vom Christfest ausgehend können, ja sollen wir immer wieder aufs Neue dem Kind in der Krippe in unserem Alltag Raum geben.

Da stellt sich natürlich schnell die Frage: Wie kann das gelingen? Wie kann es weitergehen, wenn Weihnachten vorbei ist? Wenn erst das letzte Geschenk ausgepackt, wenn schließlich der Weihnachtsbaum entsorgt, die ganze Dekoration auf dem Dachboden verstaut, der Weihnachtsmarkt beendet ist. Was bleibt uns übrig von all dem, was wir erlebt haben?

Zumindest bleibt das, an was wir uns immer wieder erinnern können. Das mögen Bilder sein, wie sie uns die Schlussszene des Krippenspiels bietet. Es bleibt aber auch das, was wir in unserem Herzen aufgenommen haben, was unser Leben, unser Handeln prägt.

Und dann braucht es Phantasie. Es braucht tatkräftige Hände. Und Füße, denen kein Weg zu weit ist. Ein rechtes Wort zur rechten Zeit. Verständnis für meine Mitmenschen, besonders für die, die anderer Meinung sind als ich. Denken wir daran: Dieses Kind in der Krippe, es lächelt auch mein Gegenüber an. Dieses Kind, es ist der Grund, die Hoffnung nicht aufzugeben und auf Gott zu vertrauen.

Die Engel in Bethlehem haben letztlich nur den Anfang gemacht, haben damit begonnen, die Botschaft von Jesu Geburt zu verkündigen. Gott traut uns zu, die Botschaft der Engel weiterzusagen. Darum ist es gut, die Geschichte vom Kind in der Krippe immer wieder zu hören. Darum ist es gut, Weihnachten zu feiern und von hier aus und mit diesem Erfahrungsschatz mutig das Leben zu gestalten.

Auch wir können erleichtert aufatmen: „Jetzt wird alles gut!“ Darauf können wir vertrauen. Und das gilt nicht nur an Weihnachten, sondern auch an allen anderen Tagen des Jahres. Amen.

Pastorin

Dr. Heidrun Gunkel
Luisenstraße 11
31224 Peine